Ich bin eine DurchdieGegendReisende. Umgangssprachlich heißt das wohl Pendlerin.
Schon seit Anbeginn meiner Arbeitszeitrechnung.
Ich habe so viel Zeit auf Bahnhöfen verbracht und gewartet.
Ich liebe diese Zeit. Ich liebe Bahnhöfe.
Früher war die Wartezeit immer eine kleine Atempause zwischen ArbeitsWinnie und MamaWinnie.

*
Kaffee und Buch in der Hand
sitz ich auf ’ner  Bahnhofsbank.
Lass ich die Gedanken fliegen
hör in mich rein,
da ist kein Verstellen, kein Verbiegen.
Hier darf ich nur ich sein, für mich allein
*

Ich fühle mich irgendwie abenteuerlustig. Frei. Ich könnte in irgendeinen Zug steigen.
Oder einfach nur Momentaufnahmen einsammeln. Ideen für meine Geschichten .
Nirgendwo sehe ich das Leben so ungefiltert wie auf Bahnhöfen. Das ist wie ein Kinofilm.
Nirgends finde ich so viele unterschiedliche Menschen. Und nirgends erlebe ich so urkomische Dinge.

Meine Liebe zu Bahnhöfen (klingt ein bisschen zweideutig) begann in meiner Kindheit.
Unser Bahnhof in Merseburg hatte die glattesten Fliesen, die man sich vorstellen konnte.
Rollschuh laufen hat da riesigen Spaß gemacht.
Vor allem, wenn die Pendlerzüge aus Halle kamen.
Ich schlängelte mich durch die  Menschenmassen, die als eine einzige Welle zum Ausgang wogten. Schlüpfte unter fuchtelnden Armen hindurch. Entging so mancher Ohrfeige. Und stockte meinen Wortschatz auf. Mit Schimpfwörtern.
Manchmal stand ich auch einfach nur an den Bahngleisen und sah sehnsüchtig den Zügen hinterher. *Irgendwann* – schwor ich mir –
*Irgendwann reise ich mit dem Zug durch die Welt! Schlafe in Hotels. Und lasse es richtig krachen!*

Als angehende Erwachsene nahm meine Bahnhofsbegeisterung etwas skurile Züge an
– beachtet bitte dieses tolle Wortspiel –
Ich verbrachte eine Nacht auf dem Berliner Bahnhof Zoo
und eine auf den Hauptbahnhof in Frankfurt am Main
– mit mehr Angst im Gepäck als beim Anschauen des gruseligsten Horrorfilms.
Ich bin (mit einer Freundin) vom Hauptbahnhof in Halle (Saale) direkt auf einer Silvesterparty
mit uns völlig fremden Menschlingen gelandet,
weil wir halt gerade im Weg standen und auf der Party zu wenig Mädchen rumschwirrten.
Heute finde ich das ganz schön leichtsinnig von meinem Teenie- Ich.
Zum Glück ist mir noch nie etwas passiert. Weder damals, noch heute.

Später – als Jobpendlerin  – habe ich so manche Nacht auf dem Leipziger Bahnhof festgesessen.
In einem ICE gedöst. Auf Bahnkosten beim Amerikaner gefrühstückt. 
Ich bin Erste Klasse zu einem Punk- Konzert gefahren.
Ich war auf Messen. Roadshows. Oder auf Konzerten.
Mal allein. Mal zu zweit. Mal in einer Gruppe.
Aber immer mit dem Zug.
Ich kann also reinen Gewissens behaupten, ich bin ganz schön herum gekommen.
Habe viel erlebt. Vor allem, weil ich so verpeilt orientierungslos bin.
Ich finde in jeder Stadt die interessantesten Eckchen und Winkel, obwohl ich da gar nicht hin will.

Die Geschichten und Momentaufnahmen erzähle ich euch hier:

♥♥♥♥  Wenn Winnie eine Reise tut…♥♥♥♥
♥♥♥♥ Wenn jemand eine Reise tut, So kann er was verzählen. Matthias Claudius ♥♥♥♥
♥♥♥♥ Gelebte Emanzipation und Zungentourette ♥♥♥♥

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