Ach, wie gern ich das Leben in Tinte verwandle.
Worte purzeln direkt aus dem Herz durch die Feder aufs Papier.
Ich schaue auf meine tintenverschmierten Finger.
Ich liebe das Schreiben. Mit Füller. Inklusive Tintenkleckse.
Und Löschpapier. Verschiedene Farben. Verschiedene Schriften.

Ich bin immer total überrascht, wenn ich die Worte lese,
die von ganz tief innen heraus kullern. Das ist wirklich magisch.

Schon früher habe ich immer alles aufgeschrieben.
Wenn ich traurig war. Oder wütend. Da waren Momente,
in denen ich mich total verloren habe.
Ich hab geheult. Ich hab getobt. So richtige Wutanfälle.
Das kam nicht gut an.
Also habe ich die Wut und Trauer weg geschrieben.
Und sofort zerrissen. Damit es niemand lesen kann.

Aber ich habe auch Dinge für andere Menschen geschrieben.
Briefe zum Beispiel…
Lange Briefe, genau wie Udo Lindenberg in Weltreise besingt:

Liebesbriefe
– *Willst du mit mir gehen* -Zettelchen
– Schmachtsonetten an den Schwarm aus der Zehnten (da war ich 9)
– richtige, echte vomHerzdirektaufsPapier- Briefe an den LieblingsIngo

Abschiedsbriefe
– an schlechte Angewohnheiten –
an Menschen, die mir nicht (mehr) gut tun oder umgekehrt
– an Dinge, die mir nicht gut tun
an Situationen, die doof waren.
Ich verabschiede mich immer schriftlich. Das gibt mir das Gefühl
eines sauberen Abschlusses.

SorryBriefe
– an Freund*innen, wenn ich mir mal wieder einbilde,
etwas verbockt zu haben
– wenn ich tatsächlich etwas verbockt habe
– wenn ich mich lange nicht gemeldet habe

EinfachSoBriefe
– wenn mein Bauchgefühl mir sagt, ein Mensch benötigt
Zuspruch, Empathie, Trost oder einfach mal etwas im Briefkasten.

Tagebuchbriefe
– Erlebnisse, Erkenntnisse, die ich gern mit jemandem teilen möchte,
mich aber nicht traue, weil die eigentlich viel zu persönlich sind
– Ich schreibe diese Dinge an einen realen Menschen, schicke sie nicht ab
*
In die Gestaltung kann ich mich so richtig hineinsteigern
– mit bunten, selbstgemalten Bildern, Aufklebern, Zitaten, Gedichten –

Retro- Papierbriefe sind wirklich toll.
Sie wandern nicht “aus Versehen” in den gelben Kasten,
die muss ich wirklich und wahrhaftig hintragen und einwerfen.
Nicht wie so manche elektronische Nachricht,
die versehentlich versendet wurde,
weil ich wieder mal irgendwie abgelenkt war.
Darin bin ich nämlich Experte:
Im versehentlich etwas los schicken und wieder löschen.

So einen Brief zu schreiben erfordert Zeit und Raum.
Ich bin dabei gern allein. Nicht nur im Zimmer, sondern richtig allein.
In der Wohnung. Ohne Ablenkung.
Weil Briefe schreiben nun einmal sehr emotional ist.
Ich benötige ganz viel von allem.
Zeit. Papier. Taschentücher.
Dann fange ich an. Gefühlt Tausendmal.
Bis endlich die Worte von selbst kommen.

Nach dem Schreiben sitze ich einfach nur still da
– ausgelaugt, aber befreit und denke nach –
meist mit dem Brief in der Hand.
Alle Gefühle sind darin eingefangen.

Die fröhlichen Momente und Gedanken gehen meist auf die Reise.
Vielleicht male ich den Umschlag bunt an.
Diese Briefe sollen Hoffnung, Freude und Liebe
unter den Menschen verteilen. Sehnsüchte erfüllen. Glück bringen.

Die miesen Gefühle – Traurigkeit, Unverständnis, Wut –
werden einfach von der Seele direkt in den Briefumschlag gesperrt.
Daran kann ich mich später austoben:
Verbrennen, zertreten, vergraben – oder einfach vergessen.
Hauptsache aus dem Herz und aus dem Sinn.
So einfach ist das!

Wenn ich dann doch manchmal ins Zweifeln komme,
ob die Gedanken und Gefühle,
die eigentlich einfach so vom Herzen direkt in den Brief geflossen sind, doch wieder viel zu dramatisch nach Schlager -Herzschmerz und lebenslangem Leiden klingen (Drama kann ich super!)
und mir peinlich sein müssten, kann ich den Brief verstecken.
Oder zerreißen. Verbrennen. Zertreten.
Aber eigentlich können Gefühle doch gar nicht peinlich sein, oder?
Nur wahr und echt!

“Es braucht mehr Mut, sich mit allem, was einen ausmacht, zu öffnen, als sich zu verschließen und niemanden an sich heranzulassen. Denn wer sich öffnet, geht in Resonanz mit dem prallen Leben. Er geht sowohl das Risiko ein, selbst seelisch verletzt zu werden, als auch andere zu verletzen.
Doch genau das ist der einzige Weg, wirklich Nähe und Verbindlichkeit zu erfahren und sich mit sich selbst wohl und einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen. Wer sich verschließt und hart macht, der verschließt sich nicht nur den Herausforderungen und den vermeintlich unangenehmen Seiten des Lebens, sondern auch der Nähe zu Menschen und all den Möglichkeiten, die uns dadurch geschenkt werden.”
Kathrin Sohst

Briefe waren früher so etwas wie heute die persönlichen Nachrichten
im Social Media.

Ich habe aber viel, viel lieber Postkarten geschrieben und bekommen!
Die sind vergleichbar mit den lustigen, kleinen Posts
auf der Facebookpinnwand oder Instagram- Stories:
Öffentlich sichtbar für alle Menschen.

Ich liebe diese kleine, bunten, weitgereisten Pappedinger
und sammle sie. Immer noch.
Mittlerweile schreibe ich sie mir allerdings selbst, macht ja sonst kaum noch jemand.
“Urlaubskarten – pffff….
Gibt schließlich in jedem Hotel W-Lan, sogar am Strand,
da kann ich doch lieber live posten.”
Echt schade!

Früher wollte ich wirklich jede Postkarte, die ich sah,
in meinen Besitz bringen! Ich habe solange gebettelt,
bis ich sie in den Fingern hielt.
Und manchmal habe ich nicht gefragt,
sondern sie einfach…äh…mitgenommen.
Natürlich nicht die nagelneuen, glänzenden *InderDDRistessuperschönDinger* im Laden,
sondern die abgegriffenen, voll geschriebenen.

Ich fand das total abgefahren, dass ich nicht aus der DDR hinaus kam,
aber so eine kleine bunte Pappscheibe aus New York den Weg in mein Kinderzimmer fand.

Am allerallerschönsten fand ich aber die ganz, ganz Ollen.
Die muffig und staubig rochen.
Mit altdeutschen Schriftzeichen versehen,
die ich erst mühsam entziffern musste.
Die geheimnisvollen in Sepia mit den gezackelten Rändern.
Eben die aus Opas SchatzBüchergarage.

Mein Opa war mein Held.
In meinen Kinderaugen war er der größte Schatzsucher aller Zeiten!
Er war sehr, sehr reich an… Büchern, Briefen, Postkarten, Zeitschriften
– aus jeder Zeit – aus Ost und West –
Die sammelte er in seiner SchatzBüchergarage.
Mein Opa hatte nämlich zwei Garagen.
Eine für das rote Auto und eine für seine Schätze.
Samstags gingen wir immer Hand in Hand in die mit den Schätzen,
vertieften uns in diesen herrlichen Kram und mein Opa erzählte wilde Geschichten:
Von Tom Sawyer, Jim Hawkins, dem Herr der Fliegen.
Von Schatzinseln und Gefängnissen auf riesenhohen Felsen,
aus denen sich die Grafen heraus buddelten. In 80 Tagen.
Und meine Lieblingsgeschichte vom wilden Häuptling Fusselarsch.

Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen:
Opa, grandioser Geschichtenerzähler – Klein Winnie, begeisterte Zuhörerin.
Ich habe das aufgesaugt, wie ein Schwamm,
und Reales mit Fantasie und Büchern gemixt und
zu neuen Geschichten zusammen gesponnen.
Die habe ich dann mit der Hinterhofbande nachgespielt:
*
Der böse Verbrecher versteckte sich
beim Häuptling FusselArsch und wurde schließlich von uns gefasst.
Wir wurden Helden – meine Freunde und ich!

Stundenlang verfolgten wir einen älteren Herrn.
Bis er sich bei einem ihm bekannten Elternteil eines Mitspions beschwerte
und der dazugehörige Bengel alles auf mich schob.
Wir erhielten Kontaktverbot (hält übrigens bis heute!)
*
Jim Hawkins traf sich mit der Roten Zora, Ede, Unku und uns
auf der Schatzinsel und wir retteten unsere eingesperrten zahmen Bären am hinteren Gottardteich in Merseburg.

Das war wohl eine ziemlich bescheuerte und gefährliche Aktion.
Wir kletterten an den Gitterstäben herum und wollten irgendwie diese armen Bären frei lassen.
Das hat glücklicherweise nicht funktionert.
Und erwischt hat uns auch keiner.
Die Bären allerdings blieben bis Ende der 90er Jahre eingesperrt
und durften dann endlich auf einen Gnadenhof.

*
Wir waren war auf der Jagd nach dem Stiefel dabei,
die ich nach New York verlegte, weil man sich in den Wolkenkratzern prima verstecken konnte.

Heimlich in Hochhäuser schleichen und Fahrstuhl fahren,
ging auch in der DDR.
Bis der Fahrstuhl stecken blieb und wir als NichtHochhausBewohner aufflogen und unseren Erziehungsberechtigten übergeben wurden.
Also diejenigen von uns, die das mit dem Wegrennen nicht hinbekommen haben. Die haben später auch nicht mehr mit uns gespielt.

*
In meinem verqueren Köpfchen brodelten also die Geschichten durcheinander und mit den daraus resultierenden Ideen
brachte ich mich ständig in Schwierigkeiten.
Und meine Freund*Innen eben gleich mit.
Ich konnte absolut überzeugend sein.
Auch bei den Ausreden – wieso – weshalb – warum – wir das gemacht haben.
Allerdings nutze es nichts. Verboten ist verboten.
Wenn es dann die angeblich “verdienten” Strafen gab
und wir im völligen Kontaktverbot versanken,
habe ich meine Postkarten sortiert und angeschaut,
mit dem neuesten Abenteuerbuch gemixt –
heraus kam der nächste Geschichten – Cocktail.
Der Ärger war vorprogrammiert – ein Teufelskreis!

Kennt ihr noch diese Kettenbriefe mit Postkarten?
Die fand ich auch total super.
Wie das funktioniert hat, weiß ich gar nicht mehr so genau…
Irgendwie sollte man seine Adresse ganz unten auf die Liste setzen,
an die oberste Adresse eine Postkarte senden und
dann den Brief an zehn andere Leute schicken. Dann bekam man 10 Postkarten zurück. Irgendwie so, oder?

Ich habe eine Idee! Wollen wir nicht auch
ein bisschen buntes Leben in unsere Briefkästen hauchen?
Habt ihr Lust? Also, hier ist die Challenge:

Jeder von euch, der mir eine Postkarte schickt, bekommt eine zurück. Garantiert.
Ihr müsst nur eure Anschrift darauf schreiben.
Ich verkaufe eure Daten auch nicht,
das schwöre ich beim Leben von Häuptling Fusselarsch!
Die Postkarten kommen an meine *Lebe den Moment- Wand*
Die ist coronabedingt nämlich ganz schön leer.

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Also, habt ihr Lust? Dann sendet eure Postkarten
(gekauft, selbstbemalt, Collagen) an

Winnie Dobrowolski
Sonnenweg 1
06237 Leuna OT Günthersdorf

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Ich bin gespannt und freu mich schon…






1 Kommentar

  1. […] und zu bekommen.Machen wir viel zu wenig.Wisst ihr was? Darüber schreibe ich meinen nächsten Blogpost.Habt einen schönen Tag und schreibt doch auch mal ’ne Postkarte!P.S. Dankeschön, liebe […]

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