Im August 2024 sah ich auf dem Festival Hütte rockt aus den Augenwinkeln eine Festivalistin in einem schwarzen Shirt.
Mit der Aufschrift „Anständige Frau“.
Die Rückseite war (leider) von einem Rucksack bedeckt.
Annemarie und ich fanden dieses Shirt trotzdem total witzig.
Wir beschlossen, auch so eins haben zu wollen, vergaßen es aber bald wieder.
Auf so einem Festival sind einfach zu viele Bands und witzig-tolle Merchsachen zu bewundern.
Wieder zu Hause scrollerte ich gelangweilt durch das Internet.
Mir fiel das „Anständige Frau“ – Shirt wieder ein.
Ich fand es. Im Shop einer Band namens
Mandelkokainschnaps
An die erinnerte ich mich dunkel.
Winnie will – Winnie kauft.
Aber es gibt eine Regel! Wenn ich ein Band- Shirt trage, höre ich mir wenigstens einmal die Musik an.
Auf dem nächsten Latschiergang durch die City von Leipzig, hörte ich also Mandelkokainschnaps.
Puh! Das war krasser Scheiß. Vom ersten Ton an.
Egal, welchen Song ich anklickte, sie flashten mich.
Jeden, wirklich jeden Song, hatte ich in ähnlicher Weise erlebt und fühlte ihn total!
Ausgerechnet mit Mama fing ich an!
Die Strophen berühren mich sehr. Ich spürte direkt Wenkes Schmerz und das ließ mich traurig werden. Ein verkorkstes Mama- Tochter-Ding macht mich immer traurig. Weil ich da so meine eigenen Erfahrungen habe.
Vielleicht sollte ich aufhören, ehe es mich…
ZU SPÄT! AUTSCH! DER REFRAIN TRAF MICH HART!
Mitten auf dem Fussweg bremste ich abrupt. Blieb wie erstarrt stehen!
Mir wurde kalt. So richtig zittrig kalt, dass ich mich mit den Armen umschlingen musste.
Und die Salztröpfchen kullerten, ohne dass ich es aufhalten könnte.
Shit! Ich dachte, ich steh da längst drüber.
Aber dieser Satz
„…wenn ich tat, was Du wolltest, gab es Liebe für mich…“ triggert mich so sehr,
dass mein inneres Kind einfach laut losheult.
Ich schaltete die Musik aus und suchte mir ein stilles Plätzchen zum Weiterhören.
Heulend. Ich habe meinem eigenen Schmerz wohl nicht viel Raum gelassen, sondern nur ganz tief vergraben. Kindheitserfahrungen auf der Vernunftebene aufzuarbeiten, hat wohl nicht so gut funktioniert, wie ich dachte.
Zum Songende dann diese Zeilen:
„[..]Du konntest nie so richtig stolz sein, Mama! verdammt, mein Weg der wird Erfolg sein!
Ich schließ‘ jetzt ab und lass jetzt gut sein. Es geht mir besser ohne dich“
…und plötzlich bin ich ganz ruhig, fühlte mich erleichtert!
Ich habe mich immer für total gefühlskalt gehalten, weil ich keinen Kontakt mehr zu meiner Ursprungsfamilie will. Jetzt fühlte es sich nicht mehr komisch an und ich mich nicht mehr allein.
Danke für diese Tröstung, Mandelkokainschnaps!
Ich hörte weiter.
*Silberfuchs*
*Alles wieder gut*
*Du riechst nach zu Hause*
*Jarnüscht*
*Selbstliebe*
*Taub*
*Rassist*
*Anständige Frau*
*Bunt*
Ich lächle unter meinen Tränen hervor.
Diese Songs zu hören, fühlte sich an wie eine emotionale Achterbahnfahrt durch mein Leben!
Jeder Song ein Puzzleteilchen.
Und ich liebe sie alle. Ich habe keinen einzelnen Lieblingssong, sondern eine ganze Playlist voll!
Die ich seitdem täglich höre.
In Dauerschleife!
Was für ein Wahnsinn!
Kurz vor Weihnachten ist eine Zeit, da möchte ich am liebsten auswandern. In eine Höhle. Hoch oben auf einem Berg. Ihr wisst schon, wie der Grinch. Diese Weihnachtsstresserei verdirbt mir die Besinnlichkeit. Ich vermisse die Stille und die Nettigkeiten.
Mandelkokainschnaps sorgte auch in dieser Zeit bei mir für einen kleinen Salztröpfchenwasserfall. An einem Samstag erreichte mich ein Brief. Mit handgeschriebener Weihnachtskarte, einem Poster mit Autogrammen und Weihnachtsplätzchen!
Für mich hat noch nie jemand Weihnachtsplätzchen gebacken!
Und erst recht keine Band, die mich nicht mal persönlich kannte 💕
Das war so sweet und lieb, dass ich nach 10 Jahren Abstinenz fast besinnlich wurde.

14.02.2025 – Mandelkokainschnaps gigt in Leipzig. Als Supportact bei den Rogers. Le Fly ist auch dabei.
Und ich. Das erste Mal. Der erste Moment. Das war so ein einziges glitzerndes
‼️ WOW ‼️
Mandelkokainschnaps hat eine Bühnenpräsenz, ich war völlig hin und weg, 30 Minuten im knallbunten Mandelkokainschnaps- Rausch.
Danach stand ich nahe am Merchstand.
Ich hätte mich da alleine niemals hin getraut
(in solch einer Situation erstarre ich wie Bambi im Scheinwerferlicht, so mit Staunen im Blick und neidvoll den anderen zusehen, wie sie mit Leichtigkeit Autogramme einsammeln und Pics machen),
aber Wenke kam auf mich zu und umarmte mich einfach.
Noch ein ‼️ WOW ‼️
So viel Wärme und Liebe.
Das war echt seelenstreichelnd.


Als ich am Montag von meinem Wochenende erzählte, passierte etwas mit mir.
Ich steigerte mich hinein in dieses Glüxxgefühl des ersten Mals.
Meine Stimme überschlug sich, mir stiegen Tränen der Begeisterung in die Augen.
Meine Gegenüber lächelte. „Du bist ja voll verknallt“ grinst sie.
Voll verknallt?! Ähm… Ja, das trifft es wohl.
Es fühlt sich an wie verknallt sein – mit allem drum und dran:
Schmetterlinge in der Magengegend – Nebelschleier im Kopf – Konfetti im Herz – Dieses Allesistplötzlichvielvielleichter- Gefühl 🦋 🌫️🎊💕
Das musste ich einfach noch einmal haben. So schnell wie möglich! Also fuhr ich am darauffolgenden Wochenende fast spontan nach Erfurt.
Das war so mega schön😊
Ich wusste ja nun, was mich erwartet und ich konnte voll genießen, was auf der Bühne geboten wurde. Am Merchstand erkannte mich Wenke wieder (das war auch so krass).
Leider reichte es nur für ein kurzes Hallo- Tschüss und um meinen *ersten Moment samt Bandcrush*
in Briefformzu überreichen. Aber ich sollte noch auf die Jungs warten.
Das war so unbeschreiblich – als gehöre ich schon ewig zur Fangemeinde, dabei brachte ich es gerade mal auf insgesamt 60 Konzert- Minuten.
Und ich hatte immer noch nicht genug.
Schon auf der Rückfahrt von Erfurt ins Pampadorf checkte ich meinen Kontostand und überlegte,
wie ich an einem Donnerstag nach der Arbeit schnell nach Berlin komme
und bestenfalls auch halbwegs ausgeschlafen am Freitag pünktlich wieder ins Büro.
Natürlich war ich in Berlin. Wenn ich gecrushed bin, geht bei mir dieses KopfausundHerzan – Gedöns los. Wenn ich in dieser schillernden Seifenblase schwebe, ist mir fast alles andere egal.
Ich fangirliere einfach heftig.
Die Fahrt nach Berlin war eine Geduldsprobe. Und Geduld ist nicht meine Kernkompetenz, um Mirja Boes zu zitieren:
Zugverspätung – S-Bahn-Ersatzverkehr – Hotelbuchung nicht vorhanden –
ich bekam das volle Programm. Und schaffte es trotzdem pünktlich ins Hole 44 mittig vor die Bühne.
Ich atme tief durch. Hier steh ich nun: 52 Jahre alt, bunt und ganz alleine auf einem Konzert der Rogers, die ich vor dem 14.02.2025 gar nicht kannte und mit Schmetterlingen im Magen und Dauerlächeln im Gesicht. Zum 3. Mal in der 3. Stadt, um beim Supportact zu groupiieren. Und ich hatte ein bisschen Schiss. Schließlich hatte ich einer Band so etwas wie einen Liebesbrief geschrieben. Ist schon ein bisschen peinlich, oder?! Vielleicht bin ich tatsächlich der seltsamste Mensch nach Frida Kahlo.
Shit happens.
MKS betritt die Bühne. Ich hoppse, kreische und für mich könnte es ewig so weiter gehen.
Dann schaut mich Wenke von der Bühne aus direkt an, ein überraschter Blick, ein Lächeln – Yeah, genau das ist es! Wenn sich jemand so freut, mich zu sehen, breitet sich in mir ein Glitzern aus, meine eigene Begeisterung strahlt ebenso bunt und DAS, ihr lieben Leserlinge,
DAS ist diese krasse Lebensfreude, von der ich einfach niemals genug haben kann!
Als Wolfi mich auch noch erkennt und winkt, bin ich restlos hin- und weg!
Spätestens am Merchstand sind alle Zweifel wegen irgendetwas verflogen!
Ich weiß, hier bin ich genau richtig, hier will und soll ich sein!
6 Stunden später. Ich sitze am Bahnhof Südkreuz. In Berlin. Viel zu früh.
Ein bisschen fühle ich mich wie in Linie 1. Kennt ihr das Musical? Spielt auch in Berlin.
Ich hatte gestern einen mega schönen Abend. Mit total lieben Menschlingen.
Und fühle jetzt so einen krassen Abschiedsschmerz.
Eigentlich albern. Schließlich war das erst der Anfang. Ich sehe Mandelkokainschnaps wieder.
Schon im Mai. Und immer, immer wieder. Trotzdem fühle ich mich total leer.
Holy shit, was passiert hier mit mir?!
Auf der Rückfahrt bin ich sehr still. Ich glaube, genau das hat Udo Lindenberg gemeint.
So hört man mit dem Herzen! Mein Herz ist glüxxmuskelverkatert.
Ich war noch nie in meinem Leben high, aber so muss es sich anfühlen.
Am liebsten möchte ich das Gefühl eintüten und in die Welt hinaus schicken.
Kein Krieg hätte Bestand! Kein Hass könnte sich ausbreiten!
Wenn ich so auf meine Halbhundertundeinbisschen Jahre zurückschaue, haben es tatsächlich
nur 5 Bands & Künstler*Innen bis tief in mein ♥️ geschafft.
Wenke, Hajo, Wolfi , Bene (und auch Benni und Flo) von Mandelkokainschnaps gehören jetzt definitiv dazu!
Ich bin so froh auf diesen bunten Zug aufgesprungen zu sein.
Kommentar verfassen